Ein steiniger Weg für ein geländegängiges Tanklöschfahrzeug

Anfang der 70-ger Jahre sollte der alte Dodge, ein ehemaliges Fahrzeug der US-Armee, ausgetauscht werden. Das geländegängige, wendige Fahrzeug hatte sich bei den Einsätzen insbesondere  im engen Altstadtbereich aber auch im ländlichen Bereich sehr bewährt, so dass bei der Ersatzbeschaffung auf diese Eigenschaften großer Wert gelegt wurde. Zusätzlich sollte das neue Fahrzeug auch noch mit einem Löschwassertank ausgestattet sein. Mit Blick auf die stadteigene Bergaststätte auf dem Blomberg, den großen, zum Teil schwer zugänglichen Moor- und Waldflächen im Schutzbereich sowie  zur Sicherstellung des Brandschutzes bei Verkehrsunfällen wurde dies als eine vorausschauende Verbesserung der Ausrüstung für die Tölzer Feuerwehr gesehen.
Beim österreichischen Feuerwehrfahrzeughersteller Rosenbauer wurde man fündig. Dieser bot seinen Fahrzeugaufbau mit einem 1300 Liter fassenden Löschwassertank, einer Heckpumpe auf einem Unimog-Fahrgestell U 416 mit einer Doppelkabine für 5 Einsatzkräfte und mit einem 125 PS Dieselmotor an.
Leider entsprach das Fahrzeug nicht den bayerischen Normen für Feuerwehrfahrzeuge, so dass es hierfür keinen finanziellen Staatszuschuss gab.
Jetzt war Pionierarbeit gefragt, denn nur wenn die Verantwortlichen des Landesamtes für Brand-und Katastrophenschutz von der Zweckmäßigkeit des Fahrzeuges für den Einsatz der bayerischen Feuerwehren im Voralpenland, überzeugt werden können, kann auch mit einem Zuschuss gerechnet werden.

Der damaliger Kommandant Franz Modlmaier stellte sich zusammen mit dem amtierenden Kreisbrandrat Hans Fagner dieser Aufgabe und gab am 4. Januar 1973 in der Ausschusssitzung bekannt, dass die Anschaffung eines TLF 8 auf Unimog-Fahrgestell mit „Rosenbauer“ Aufbau und einer Seilwinde, angestrebt wird. Ein langer, steiniger Weg für das in Österreich bewährte Sondertanklöschfahrzug sollte folgen.

19. April 1973;
Kommandant Franz Modlmeier informiert den Ausschuss über eine Ortsbesichtigung des Landesamtes Brand-und Katastrophenschutz in Bad Tölz und der näheren Umgebung. Bei diesem Termin soll entschieden werden, ob eine Aufnahme des österreichischen Modelles in die bayerische Norm und somit eine Zuschussgewährung für das Fahrzeug möglich ist.

3. Mai 1973;
Kreisbrandrat Hans Fagner gibt in der Ausschusssitzung bekannt, dass bzgl. des Unimog-Fahrzeuges noch im Mai eine Besprechung zwischen dem Landratsamt, der Tölzer Wehr und ihm, stattfinden soll. Nach seinen Vorstellungen sollte das Landesamt für Brand-und Katastrophenschutz ein berggängiges Fahrzeug in die bayerische Norm aufnehmen. Eine Anschaffung des Fahrzeuges für die Tölzer Feuerwehr müsste als Modelfall für das gesamte Alpenvorland gelten, so Fagner.

3. Juli 1973
 Der neu gewählte Kommandant Karl Rieger informiert den Ausschuss über den Sachstand der Unimog Beschaffung. Es habe den Anschein als sei der Leiter des Landesamtes für Brand-und Katastrophenschutz auf Grund der Vorführung grundsätzlich von der Anschaffung und der Bezuschussung des Fahrzeuges nicht abgeneigt. Nach den Vorschriften der inländischen Unfallversicherungskasse kommt die Bezuschussung einer Hochdruckpumpe, wie zu dieser Zeit in Österreich üblich, jedoch nicht in Frage. Somit stand nur die übliche 8 bar Normaldruckpumpe zur Wahl. Die weitere Ausrüstung könne nach eigenen Wünschen erfolgen, wobei an eine Bestückung mit Atemschutzgeräten gedacht sei. Die Gesamtkosten dürften sich auf ca. 100.000 DM belaufen. Noch zu klären sind die zollrechtlichen Bestimmungen. Dies übernahm LM Bammer von der Stadtverwaltung. Maschinistenausbilder Anton Maier beschreibt die ausgezeichneten Fahreigenschaften, insbesondere im Gelände. Obwohl das Tanklöschfahrzeug mit der Führerscheinklasse 3 gefahren werden darf, regte Mayr wegen der besonderen Fahreigenschaften an, den Fahrerkreis auf die Inhaber der Führerscheinklasse 2 zu beschränken. Löschmeister Ludwig Bernhard  gibt zu bedenken, ob es nicht ratsam wäre einen ausgewählten Kreis der Führerscheinklasse 3 Inhaber auf das Fahrzeug zu schulen, die als Reserve bei einem Maschinistenmangel dann zur Verfügung stünden. Entschieden wurde sich für den Vorschlag von Anton Mayr.

16. August 1973;
Aufgrund verschiedener technischer Verbesserungen, so Kdt. Karl Rieger, hat der Unimog eine Preissteigerung von 3000 DM erfahren.
Außerdem liegt die Durchschrift eines Schreibens vom Landesamt für Brand-und Katastrophenschutz an die Firma Rosenbauer vor, worin verschiedene Forderungen des Landesamtes an den Aufbau und die Ausrüstung des Fahrzeuges gestellt werden. Hiermit sollte eine weitgehende Anpassung an die bayerische Norm erreicht werden.

13. September 1973;
Kdt. Karl Rieger kann dem Ausschuss der Wehr von einem Schreiben der Firma Rosenbauer an des Landesamt berichten, worin eine weitgehende Erfüllung der gestellten Änderungsforderungen als möglich erachtet werden.

3. Oktober 1973;
Kdt. Rieger informiert den Ausschuss über ein Schreiben des Landesamtes für Brand-und Katastrophenschutz an die Firma Rosenbauer, wonach das Landesamt von verschieden, ursprünglichen Forderungen abrückt.

Am 3. Dezember 1973; Kdt. Rieger kann dem Ausschuss berichten, dass die Vorbereitungen für die Beschaffung des neuen Unimog-Tanklöschfahrzeuges abgeschlossen sind und die Bestellung vorgenommen wurde. Mit einer Lieferung des Fahrzeuges könne voraussichtlich im Mai/Juni 1974 gerechnet werden.

9. Januar 1974; Die Zuschüsse für den Unimog mit der erforderlichen Ausrüstung sind sicher gestellt, so Rieger in der Sitzung des Ausschusses. Darin nicht enthalten ist das Funkgerät 7b. Hierfür soll ein gesonderter Zuschussantrag gestellt werden. Außerdem soll bei der Sparkasse um eine Spende angefragt werden.

Am 8. April 1974; Kdt. Rieger informiert den Ausschuss darüber, dass der staatliche Zuschuss für das Funkgerät noch nicht gesichert ist.

Am 13. Mai 1974; Dem Ausschuss wird bekannt gegeben, dass die Sparkasse für das Funkgerät 1000 DM zugesichert hat.

Am  11. Juni 1974 erfolgte die 1. Abnahme des Unimogs.
Die 2. Abnahme folgte dann am 26. Juli 1974 wobei immer noch eine Anzahl an Mängel sowohl am Fahrgestell als auch am Aufbau festgestellt wurde.
Die 3. Abnahme ist für den 3. September 1974 vorgesehen, bei der es leider weitere Beanstandungen gab. U.a. so Rieger laufe die Seilwinde zu schnell und die Achslast müsse noch durch den TÜV geprüft werden.
Die 4. Abnahme ist nun für den 11. September vorgesehen.

Am 7. Oktober 1974 wir im Protokoll der Ausschutzsitzung festgehalten, dass der Unimog inzwischen eingetroffen ist und für die vorgesehene Bestückung mit Atemschutzgeräten noch eigene Umbauten erforderlich sind. Außerdem soll beim Landkreis noch um eine finalziele Unterstützung für das Unimog-Funkgerät angefragt werden.

Am 19. Oktober 1974 war es das endlich so weit. Das neue „Sonder-Tanklöschfahrzeug TLF 8/13“ mit 1300 Liter Löschwassertank und einer Schnellangriffshaspel für einen 30m langen Formschlauch, einer Doppelkabine in der 5 Einsatzkräfte Platz finden, einer
8 bar Normaldruckpumpe, 3 Atemschutzgeräten mit Reserveflaschen, 4 Saugschläuchen auf dem Dach und einer Seilwinde mit einer von 7,5 Tonnen auf 5 Tonnen begrenzten Zugkraft, wird in Dienst gestellt.

Zusammen mit dem neuen Rüstwagen des Landkreises, der auch bei unserer Wehr stationiert wurde, erhält der Unimog am städtischen Sportplatz um 14°° Uhr seinen kirchlichen Segen. Ein Festakt, der nach einem Fußballspiel gegen die Werkfeuerwehr Moralt mit einem Kameradschaftsabend der Ehrengäste im Feuerwehrgerätehaus an der Mühlgasse endete.

Trotz der mehrmaligen Abnahmen ist den Prüfern nicht aufgefallen, dass die Lastverteilung auf dem Fahrzeug ungünstig war und somit das Fahrverhalten, insbesondere in den Linkskurven als kritisch betrachtet wurde. In eigener Regie haben unsere Gerätewarte Johann Klett und Anton Mayr deshalb die Atemschutzgeräte von der Rechten auf die linke Fahrzeugseite umgebaut und die Saugschläuche auf dem Dach in der Mitte gelagert. So konnte erreicht werden, dass die Last der Beladung gleichmäßig auf beide Seiten verteilt war und sich das Kurvenverhalten deutlich verbesserte.

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P1040558a.JPG P1040580a.JPG P1040571a.JPG P1040582a.JPGVon nun an rückte der Unimog nicht nur zu den kleineren Bränden aus, sondern auch bei jedem Verkehrsunfall. Ergänzt mit einem umgebauten Tragkraftspritzenanhänger, der mit dem Bindemittel, Besen und die notwendigen Gefahrenhinweisschilder „Ölspur“ beladen war und an der Einsatzstelle abgehängt wurde, konnte mit dem wendigen Fahrzeug primär der Brandschutz mit dem Schnellangriffsschlauch an der Unfallstelle in kürzester Zeit sichergestellt werden. Zur Reinigung der Unfallstelle standen dann mit dem Anhänger gleich alle notwendigen Einsatzmittel zur Verfügung. Bei evtl. Bergungseinsätzen bewährte sich die Seilwinde mehrmals. Auch zur Beseitigung von Ölspuren und sonstigen Straßenreinigungen stand der Unimog mit seiner 5-köpfigen Besatzung als erstes auf der Ausrückordnung. Denn auch hier zeichnete sich das Fahrzeug durch seine Wendigkeit und den geringen Platzbedarf im Verkehrsbereich aus.

Mit seinem besonderen Einsatzwert überzeugte er natürlich bei Vegetationsbränden im unwegsamen Gelände. Oftmals gelang es der Mannschaft den Brand bereits zu löschen, bevor die Kameraden aus den anderen Fahrzeugen ihre Leitungen verlegt und Wasser am Rohr hatten.
Doch diese Vorzüge wurden auch das eine oder andere Mal von unseren Maschinisten Anton Mayr überschätzt, so dass das Tanklöschfahrzeug nicht immer bis zur Einsatzstelle gelangte weil der Untergrund nicht stand hielt und das Fahrzeug stecken bleib. Dann hieß es für die Mannschaft wieder Schläuche verlegen und nach dem Löschen Seile, um den Unimog wieder zu bergen.

2 Jahre später beschaffte die Gemeinde Wackersberg ein baugleiches Fahrzeug, jedoch ohne Seilwinde. Bei einer gemeinsamen Bewegungsfahrt zum Blomberghaus, bei der auch Kreisbrandrat Hans Fagner  auf dem Beifahrersitz in unserem Unimog Platz nahm und während der Fahrt über den sehr engen und teilweise sehr steilen Fahrweg immer mehr die Mitte der Mannschaftskabine suchte und dabei sämtliche Festhaltegriffe teste.  Eindrucksvoll konnte ihm demonstriert werden, wie schnell mit diesen beiden Fahrzeugen, 6 Atemschutztrupps samt 2600 Liter Löschwasser das Berggasthaus mit Übernachtungsplätzen auf dem Tölzer Hausberg erreicht werden kann. Er war dann auch überzeugt, dass er sich mit seiner Unterstützung für die Beschaffung Fahrzeuge für eine zukunftsorientierte Sache eingesetzt hat. Selbst im Winter war es für beiden Fahrzeuge, die dann jeweils mit vier Schneeketten gerüstet waren, kein Problem das Gasthaus über den Fahrweg, der auch als Schlittenbahn genutzt wurde, zu erreichen.

Im Jahr 2016 wurde der Unimog außer Dienst gestellt. Die hohe Reparaturanfälligkeit stellte die Einsatzbereitschaft immer öfter in Frage, so dass sich die Feuerwehrführung für eine Ersatzbeschaffung entschied.
Dankenswerter Weise war die Stadt Bad Tölz bereit auf einen Verkauf des Unimogs zu verzichten, so dass wir ihn als historisches Fahrzeug weiter behalten konnten.

Die Kameraden Andreas Mayr und Johann Detter pflegen das Fahrzeug seither und halten es für diverse Feuerwehrfahrzeugtreffen in einem hervorragenden Zustand.

Zur Fahrzeugweihe 1974   

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